Am 17. Juni trafen sich Mitglieder und Freunde der Cour de
Cassel / Gesellschaft für Hessische Militär- und Zivilgeschichte e.V. zu einem
Nachmittag im Schlosspark Wilhelmsthal bei Calden.
Das Schloss liegt einige Kilometer außerhalb der alten Haupt-
und Residenzstadt Kassel.
Schloss Wilhelmsthal wurde als Lustschloss und
Sommerresidenz für den Stadthalter und späteren Landgrafen Wilhelm VIII. von
Hessen-Kassel erbaut. Architekt war niemand geringerer als François de
Cuvilliés. Der verheerende Siebenjährige Krieg verhinderte eine Fertigstellung
zu Lebzeiten des alten Landgrafen. Das Schloss war zudem Schauplatz einer der
größten Niederlagen der französischen Truppen Ludwig XV und ging als „Schlacht
bei Wilhelmsthal“ in die Geschichte ein: Herzog Ferdinand von Braunschweig
überraschte die unvorbereitete Armee des Marquis de Soubise. Resultat auf
preußischer Seite, ca. 150 Tote, sowie 250 Verwundete, auf französischer Seite
ca. 2000 Tote und mehr als 2500 Gefangene. Zudem fielen dem Herzog von Braunschweig
zahlreiche Kanonen und Fahnen des Feindes in die Hände. Die Toten dieser
Auseinandersetzung sind an der Schlossmauer begraben worden.
Nach dem Siebenjährigen Krieg nahm Landgraf Friedrich II.
die Bauarbeiten an dem Schloss wieder auf. Jetzt übernahm der Hofarchitekt
Simon du Ry die Bauleitung. Schloss Wilhelmsthal war zwar im Rohbau vollendet,
jedoch war bisher nur die Innenausstattung des Erdgeschosses fertiggestellt worden. Friedrich II. ließ die „Belle Etage“ im schönsten Rokoko
äußerst prunkvoll und aufwendig ausstatten, der prachtvolle Musensaal wurde vom
Stuckateur Brühl ausgestalten, für die Vertäfelungen waren Nahl und Lucas Meyer
verantwortlich. Landgraf Friedrich war es auch, der die kleine Kapelle im
Seitentrakt einrichten ließ, damals noch für katholische Gottesdienste.
Das Schloss wurde genutzt, doch die besondere Aufmerksamkeit
des Landgrafen fand es nicht, er bevorzugte das Jagdschloss in Wabern und Schloss
Weißenstein, die spätere Wilhelmshöhe.
Der Schlosspark wurde wahrscheinlich nie nach den damaligen
Plänen realisiert, bzw. nur zum Teil fertiggestellt (die Pläne gehen auch auf François de
Cuvilliés zurück). So existierten am
Ententeich, hinter der Grotte, eine ganze Reihe chinesischer Häuser. Die
Grotte, ebenfalls ein Werk François de Cuvilliés, war ein besonderes Kleinod
der Anlage und reich ausgestattet mit kleinen Fontänen, Edelsteinen, Muscheln und aus Keramik
geformten Kriechtieren.
(Derzeit wird die Grotte und die Kanalanlage saniert, ist daher nicht zugänglich. Das Foto entstand 2010 vor der Sanierung)
Die Innendekoration stammte vom "Grottenkünstler" La Potterie, der im Dienste des Kurfürsten von Köln, Clemens August von Bayern, stand. Von der damaligen Dekoration sind nur Beschreibungen erhalten, so auch eine Ode des hessischen Regierungsrates H.A.Hille:
"Mein Auge starrt, das Glanz und Strahlverblenden, die der Saphire und reiner Jaspis schickt. Es blitzt die Pracht aus diamantenem Wänden, die dort ein Zug, hier eine Muschel schmückt. Das Meer gab selbst aus ungemeßnen Gründen, den Grottenschmuck, den reichen Wasserschatz. Allein Geschmack und Anmut zu verbinden, gab la Potterie ihm den bestimmten Platz"
Der hochfürstliche Hofbibliothekar und Historiker Friedrich
Christoph Schmincke (1724-1795) beschreibt die Grotte wie folgt:
"Der Fußboden ist von Marmor und die Wände sind mit Moos,
allerhand schrofichten und ausgefressenen Klippsteinen, zwischen welchen
Schnecken und Muscheln von Allerlei Art sich sehen lassen, ingleichen mit
blauen und andern Berg- und Erzsteinen und Corallenzinken versetzt.
Verschiedene aus Erz, Marmor und Muschelwerk verfertigte Drachen, Salamander
und andere giftige Tiere und Insekten stehen oben herum.“
"Mein Auge starrt, das Glanz und Strahlverblenden, die der Saphire und reiner Jaspis schickt. Es blitzt die Pracht aus diamantenem Wänden, die dort ein Zug, hier eine Muschel schmückt. Das Meer gab selbst aus ungemeßnen Gründen, den Grottenschmuck, den reichen Wasserschatz. Allein Geschmack und Anmut zu verbinden, gab la Potterie ihm den bestimmten Platz"
Als Landgraf Friedrich II. 1785 starb, wurde der Park (wie alle
anderen Schlossgärten in und um Kassel) im Auftrag Wilhelm IX. in einen
englischen Landschaftspark umgestaltet. Die Kanalanlage der Grotte wurde
zugeschüttet, die reiche Ausgestaltung zerstört. Im Park wurde (gewissermaßen
als kleines Pendant zur Löwenburg) ein Aussichtsturm im gotischen Stil
errichtet.
Am letzten Samstag besuchte Cour de Cassel die wohl schönste
Rokoko-Anlage Hessens und tauchte ein wenig in die Zeit der Hofhaltung des
Landgrafen Friedrich II. von Hessen-Kassel ein.
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